Auf unserer ersten großen Tour an der Atlantikküste verlebten wir drei weinselige Tage im Médoc, eine der berühmtesten Weinregionen der Welt. Hier dreht sich alles um den exzellenten Bordeaux – Weinschlösser, Weinproben und ein kleines Weinmuseum.
Reisezeit: Mai 2010
Reisedauer: zwei Wochen
Stationen: Beaugency – Angoulême – Arcachon – Bordeaux – Saint-Estèphe – La Rochelle – Île de Ré – Chartres
Unterkünfte: Hotels und Chambres d’hôtes
Das Médoc ist eines der renommiertesten Weinbaugebiete weltweit und lässt die Herzen von Weinliebhabern höher schlagen. Die Halbinsel in Form eines Dreiecks zwischen dem Atlantik und der Gironde gehört zur Region Bordeaux. Weltbekannte Dörfer wie Pauillac oder Margaux laden den Besucher zu Weintouren ein. An die 1.000 Weinschlösser reihen sich an der Route des Châteaux – von renommierten wie dem Château Lafitte bis hin zu kleineren Schlössern.
Jedes Jahr im September findet im Médoc der wohl verrückteste Marathon der Welt statt, der Marathon du Médoc. Dabei laufen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen verkleidet (es herrscht Kostümpflicht!) die 42 Kilometer durch eine der schönsten Gegenden des Médoc, vorbei an den unzähligen Weinschlössern und Weinbergen. Das Thema für die Kostüme wechselt jährlich. An der Laufstrecke warten Stationen mit beispielsweise Austern und Wein. Man ist ja schließlich in Frankreichs renommierter Weinregion. Den Marathon will ich irgendwann unbedingt einmal erleben!
Hinweis: Diese Tour haben wir noch vor unseren Kindern gemacht!
Bon à savoir – gut zu wissen
Die Weinbautradition im Médoc geht auf die Zeit des Sonnenkönigs Ludwig XIV. zurück. Die vielen namhaften Châteaux reihen sich wie Perlen, umgeben von hügeligen Weinbergen und idyllischen Landschaften. Das milde Klima und die kieshaltigen Böden bieten beste Bedingungen für den Weinbau. Die Weine aus dem Médoc sind sehr kräftig und intensiv, mit hohem Lagerpotential. Die Bezeichnung Médoc hat hierbei zwei Bedeutungen – zum einen die Region, zum anderen die Appellation.
Comment s’y rendre? – Wie kommt man hin?
Von Bonn/Köln aus sind es mit dem Auto über 1.000 Kilometer bis ins Médoc. Wir sind bei dieser Tour von Arcachon aus in die Weinregion gefahren, nahmen dann die Fähre nach Royan und fuhren weiter Richtung La Rochelle und schließlich auf die Île de Ré. Ihr könnt das Médoc also beispielsweise besuchen, wenn ihr Urlaub an der Atlantikküste macht. Dann habt ihr eine tolle Mischung aus Strandurlaub und Weinausflug. Bahnreisende können bis nach Bordeaux fahren. Von dort aus fährt der Regionalzug etwa eine Stunde nach Pauillac. Tickets findet ihr auf der SNCF-Seite.
À loger? – Wo kann ich im Médoc übernachten?
Es gibt wahrlich fürstliche Unterkünfte im Médoc. Kleine Schlösser, Burgen, Hotelanlagen mit Spa und allem Schnickschnack. Ich entdeckte für uns das Chambre d’hôtes Ormes de Pez, welches zu dem Weingut Château Lynch-Bages gehört. Drei Nächte verbrachten wir hier.
Das Haus liegt umgeben von Weinfeldern in dem Ort Saint-Estèphe. Am ersten noch sonnigen Abend gönnten wir uns im Garten ein Glas Bordeaux.
Die Zimmerpreise fanden wir völlig angemessen, sind aber mittlerweile deutlich angestiegen. Zum Empfang und zum Frühstück kam eine Dame, am ersten Tag war noch ein anderes Zimmer belegt. Die Gäste reisten dann jedoch ab und damit waren wir ganz alleine. Das war ein bisschen seltsam. Wenn wir abends nach unseren Ausflügen zurückkamen, war das Haus dunkel und komplett verwaist. Wir durften alles benutzen, den Salon, die Küche, den Garten. Die Zimmer waren sehr schön und stilvoll eingerichtet, passend zu einem kleinen Schlösschen.
- Château Ormes de Pez, 29 Route Des Ormes De Pez, 33180 Saint-Estèphe
- Doppelzimmer um die 160 bis 200 EUR je nach Saison. Buchen könnt ihr hier.
Weitere schöne und ausgefallene Unterkünfte im Médoc findet ihr hier.
Regen und Essen in Pauillac
Die sechs Weindörfer des Haut-Médoc mit Eigenbezeichnungen sind Margaux, Moulis, Listrac, Saint-Julien, Pauillac und Saint-Estèphe. Leider machte uns das Wetter einen dicken Strich durch die Rechnung und ließ uns in Pauillac sprichwörtlich im Regen stehen. Aber was macht man bei solch einem Wetter in Frankreichs berühmter Weinregion? Bordeaux trinken, was sonst?
Pauillac hat einen kleinen Yachthafen, an dem man ein wenig spazieren gehen kann. Überall laden Weinstuben zum Probieren und Restaurants zum Essen ein. Um das Weindorf herum gibt es schöne Wanderwege. An der Gironde trifft man auf die Carrelets, Fischerhütten auf Stelzen, welche ein beliebtes Foto- und Malmotiv sind.
Das Fort Médoc
Neben den Weindörfern, Weinschlössern und Weinstuben solltet ihr auch unbedingt das Fort Médoc besichtigen. Es wurde 1689 von Vauban, dem Festungsbauer Ludwig des XIV. errichtet, um Bordeaux vor der englischen Flotte zu schützen. Beeindruckend fand ich die außerordentlich gut erhaltene Porte Royale, welche im Bogen eine Sonne als Symbol für den Sonnenkönig trägt.
Im Hof kann man Reste der Festung erkennen wie die Wache oder das Pulvermagazin. Die Bastion lädt zum Spaziergang ein mit Blick auf die Gironde.
- Fort Médoc, Avenue du fort Médoc 33640 Cussac-Fort-Médoc. Während der Saison täglich für Besichtigungen geöffnet.
Besichtigung und Weinverkostung im Château Palmer
Die großen Grand-Cru-Häuser wurden 1855 auf Geheiß von Napoleon III. in die berühmte Liste der Grands Crus Classés aufgenommen. Manche dieser prestigeträchtigen Weingüter bieten Besichtigungen durch ihre Häuser an. Solch eine Tour solltet ihr unbedingt einmal machen! Sieben Wochen vorher versuchte ich eine Führung zu buchen. Tja, für die renommierten Weingüter schon zu spät. Château Lafitte (da muss man doch unweigerlich an Loriot denken: „ein 64er Schlafitte”) und Château Margaux waren bereits ausgebucht. Ich war letztlich erfolgreich beim Château Palmer. Ein Kollege meines Mannes war bei der Wahl ganz enthusiastisch und meinte anerkennend im Tonfall von Louis de Funès: „Ohh ahh Château Palmer, uhh große Klasse!”.
Die Weine des Château Palmer zählen zu den 3e Cru und gedeihen hier seit vier Jahrhunderten. Der britische Offizier Charles Palmer gründete das Weingut, heute noch an den englischen Gärten zu erkennen. Mit den Gebrüdern Pereire entstand das zauberhafte Schloss.
Die Guide erzählte bei dem Rundgang viele interessante Fakten rund um das Schloss, die Geschichte und natürlich zum Weinanbau. Zum Schluss gab es eine kleine Dégustation, wobei hier natürlich nicht die bereits gereiften Weine, sondern die jungen angeboten wurden. Und die schmeckten ehrlich gesagt noch viel zu mineralisch. Trotzdem gab es das Fläschchen nicht unter 160 EUR.
- Château Palmer, Route d’Issan, 33460 Margaux-Cantenac
- Besichtigungen können nach vorheriger Absprache vereinbart werden. Das war bei unserer Tour noch anders, da konnte man auf der Webseite eine visite buchen.
Visite im Château Lynch-Bages
Eigentlich hatten wir mit der Besichtigung im Château Palmer gar nicht mehr daran gedacht, noch eine zweite Tour zu buchen. Aber als Gäste der Unterkunft Ormes de Pez bekamen wir eine Führung im Château Lynch-Bages gratis. Das fanden wir natürlich cool.
An dem Tag regnete es ohne Unterlass und wir waren dankbar für jede Unternehmung im Trockenen. Das Schlösschen erhebt sich in Bages oberhalb des Ortes Pauillac und ist seit 1855 ein 5e Grand Cru Classé. Von der Qualität bewegen sich die Weine in den höheren Klassen, sind aber vergleichbar günstiger. Im 18. Jahrhundert ließ sich hier die irische Familie Lynch nieder und kultivierte den Weinbau.
- Château Lynch-Bages, 33250 Pauillac
- Ihr könnt eine Tour über die Webseite buchen, auch auf Englisch und wenn verfügbar auf Deutsch. Die Besichtigung dauert 1.30 Stunden und kostet 25 EUR pro Person.
Château Maucaillou und Musée du Vin
Das Château Maucaillou haben wir angesteuert, weil ich von dem kleinen Musée des Arts et Métiers de la Vigne et du Vin gelesen hatte und wir eine Unternehmung für das schlechte Wetter suchten. Ein junger, sehr sympathischer Kerl machte mit uns die Führung durch das Museum. Mit dabei war ein Paar aus Neuseeland, yeah, echte Kiwis, die – Achtung festhalten! – „Frankreich in 10 Tagen machten” !!! Mon Dieu, das ist so unvorstellbar für mich wie wenn man in 10 Tagen ganz Neuseeland kennenlernen möchte. Uns waren ja schon die zwei Wochen für diese Tour am Atlantik zu wenig. Aber gut, was sollen die Neuseeländer machen? Weiter Weg, wenig Zeit, viele Länder in Europa. Da muss man das Programm schon etwas straffen. Zu diesem Frankreich in 10 Tagen gehörte auch ein Tag im Médoc dazu. Interessant.
Es schüttete aus Eimern, als wir uns dem Château näherten. Mit dem neuseeländischen Paar waren wir die einzigen Besucher. Das Museum ist ganz nett, zeigt die traditionellen und modernen Techniken des Weinbaus. Allerdings ist es nicht unbedingt den Weg wert. In Kombination aber mit einer Weinprobe der großartigen Maucaillou-Weine absolut empfehlenswert! Toll fanden wir, dass wir am Ende unseres Besuchs zwei Gläser geschenkt bekamen. Eins hat es bis heute überlebt.
Absoluter Höhepunkt dieses Besuchs aber war der super coole Mitarbeiter, der die Führung für uns auf Englisch machte. Die Kiwis waren gar nicht so beeindruckt, sondern eher etwas wortkarg. Dabei hat sich Monsieur so ins Zeug geworfen und uns mit soviel Charme und Humor einen großartigen Nachmittag auf dem Weingut bereitet. Seitdem zählen die Weine zu unseren Lieblingen. Da hat so eine Flasche Wein gleich eine Geschichte, denn wenn wir heute einen Maucaillou trinken, erinnern wir uns so gerne an diesen tollen Tag zurück. Wenn auch in klatschnasser Atmosphäre.
- Château Maucaillou, 25 Route de la Gare, 33480 Moulis-en-Médoc
- Der Eintritt ins Museum kostet 6 EUR, ihr könnt den Besuch aber natürlich gleich mit einer Weinverkostung und einer Besichtigung der Weinkeller verbinden. Öffnungszeiten und alle Preise findet ihr hier.
Bonne lecture – mein Lesetipp
Empfehlen möchte ich euch das Buch von dem Provence-Autor Peter Mayle Vive la fête*, welches ich während dieser Frankreichreise gelesen habe. Hier beschreibt der Brite eine kulinarische Tour durch Frankreich, bei welcher er sämtliche Fressfeste besucht. Köstlich, im wahrsten Sinne des Wortes. Was die Franzosen nicht alles ehren bzw. feiern? Mein Lieblingskapitel war das Camembert-Fest. Auch der Marathon durch das Médoc ist dabei. Gleichzeitig macht ihr hier eine kleine Tour de France durch das schönste Land der Welt.
Vive la fête!: Eine kulinarische Tour de France (Gebundene Ausgabe)
von Mayle, Peter (Autor), Bischoff, Ursula (Übersetzer)
Preis: 2,38 €
11 gebraucht & neu ab
Für diejenigen unter euch, die des Französischen mächtig sind und sich näher mit den Bordeaux-Weinen aus dem Médoc beschäftigen möchten, ist das Buch Fascinant Médoc: Histoire d’un pays* interessant. Die Autorin und Önologin Marie-José Thiney gibt hier einen umfassenden Überblick über die Geschichte der Region und der prestigeträchtigen Grand Cru-Weine. Auf Französisch.
Fascinant Médoc: Histoire d'un pays (Taschenbuch)
von Thiney, Marie-José (Autor)
Preis: 13,26 €
2 gebraucht & neu ab
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