Lille ist lebendig, trendig, französisch und flämisch zugleich. Zu einem Konzert im Zénith fuhren wir für ein Wochenende in die coole Stadt und waren ganz schön «impressionné». Und dann ist Lille für uns auch noch schnell zu erreichen.
Die Hauptstadt der Region Hauts-de-France besuchten wir im Oktober für ein Konzert von unserem geliebten Francis Cabrel und machten einen verlängerten Wochenendtrip draus. Wir waren sowas von überrascht – was für eine schöne und lebendige Stadt! Nicht nur die beeindruckende Architektur im Flamboyant-Stil, auch die vielen gemütlichen Cafés und Estaminets laden zu einem Streifzug ein. Wusstet ihr, dass der Palais des Beaux-Arts de Lille das zweitgrößte Museum Frankreichs ist? Und dass im Museumskeller riesige Reliefpläne von Vauban stehen? Noch dazu liegt die coole Stadt für uns NRWler so schön nah. Allez-y – besucht doch mal Lille und erlebt diese einmalige Atmosphäre!
Hinweis: Diese Tour haben wir noch vor unseren Kindern gemacht!
Bon à savoir – gut zu wissen
Lille ist mit 235.000 Einwohnern préfecture und Hauptstadt des Départements Hauts-de-France im Norden Frankreichs. Bereits im 11. Jahrhundert als Festung der Grafen von Flandern erwähnt, gehörte sie nach Jahrhunderten unter wechselnder Herrschaft ab 1713 wieder zu Frankreich und ist als Garnisonsstadt die meist belagerte Stadt des Landes.
Die „Hauptstadt von Flandern” liegt in einem Knotenpunkt – Paris, Brüssel oder London, alle Städte sind schnell zu erreichen. Flämisch wurde hier allerdings nie gesprochen. Heute zählt Lille zur Region Französisch-Flandern.
Der berühmteste Sohn der Stadt ist Charles de Gaulle, der hier im Jahre 1890 geboren wurde. Ihr könnt sein Geburtshaus besichtigen. Es gibt vier Universitäten mit insgesamt 100.000 Studenten. Da wundert es nicht, dass in der Stadt so eine lebendige und trendige Atmosphäre herrscht. 2020 war Lille Welthauptstadt des Designs, mit zahlreichen Ausstellungen und Projekten. Jedes Jahr im September findet außerdem die Braderie de Lille statt, der größte Flohmarkt Europas mit etwa zwei Millionen Besuchern.
Comment s’y rendre? – Wie kommt man hin?
Lille liegt etwa 20 Kilometer von den Regionen Flandern und Wallonie entfernt. Von Köln/Bonn sind es mit dem Auto etwa 340 Kilometer. Das ist in guten drei Stunden zu schaffen. Ihr fahrt die E40 und die E42 durch den französischen Teil Belgiens und schon seid ihr da.
Für Bahnreisende empfiehlt sich von beispielsweise Köln aus den ICE nach Brüssel zu nehmen, von da aus seid ihr in nur einer guten halben Stunde mit dem TGV am Bahnhof Lille-Europe. Tickets findet ihr auf der SNCF-Seite. Von Frankfurt a. M. könnt ihr mit dem ICE nach Brüssel oder Paris fahren, von dort aus mit dem TGV weiter nach Lille.
Unsere Tipps für einen Kurztrip nach Lille
Übernachtet haben wir in dem Hotel Kanaï. Ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis, zentral gelegen und für unsere Bedürfnisse ausreichend.
- 10 Rue de Béthune, 59000 Lille
- Zimmer ohne Frühstück ab etwa 100 EUR.
Durch die Straßen mit der beeindruckenden flämischen Architektur flanieren
Lille ist eine unglaublich lebendige Stadt. Überall pulsiert das Leben, es gibt eine reiche Kulturszene, viele junge Leute flanieren durch die Straßen, man sitzt in den gemütlichen Kneipen oder Cafés. Die Altstadt mit ihren historischen Gebäuden im Stil der flämischen Renaissance ist unbedingt einen Spaziergang wert.
Viele Gebäude zeugen noch von der Herrschaft der Herzöge von Burgund aus dem 15. Jahrhundert, wie der Palais Rihour.
Schlendert durch die Straßen und taucht ein – Lille hat so viel Flair! Verspielte Architektur, Flamboyant-Stil, zauberhafte Innenhöfe und elegante Häuserzeilen.
In der Rue de la Grande Chausée, eine der elegantesten Straßen von Lille, entdeckt ihr viele Häuser mit schmiedeeisernen Balkonen. Überall kommt man an urigen Kneipen und gemütlichen Cafés vorbei.
Eines der schönsten Gebäude ist La Vieille Bourse – die Alte Börse. Das Portal wird von dem Löwen von Flandern geziert. 1653, als die Stadt noch zu den Niederlanden gehörte, wurde das Ensemble aus mehreren Gebäuden um den rechteckigen Innenhof angelegt. In dem Hof fand ein Flohmarkt mit Antiquitäten, überwiegend Büchern, statt.
Ein belgisches Bier auf der Place Charles de Gaulle trinken
Die Place Général Charles de Gaulle ist der Mittelpunkt der Stadt. Sucht euch in einem der vielen Cafés einen Platz und genießt diese Atmosphäre mit Blick auf die prunkvolle Alte Börse oder der gegenüberliegenden Grande-Garde von 1717. Bestellt euch ein leckeres belgisches Bier, denn durch die Nähe zu Flandern gibt es eine riesige Auswahl. Lille ist eine tolle Mischung aus Frankreich und Belgien.
In einem Estaminet deftige Küche genießen
Unbedingt solltet ihr einmal in einem Estaminet essen. Denn von diesen traditionellen Gaststätten gibt es jede Menge in Lille. Ein Estaminet ist eine Mischung aus Restaurant, Café und Kneipe – typisch für Nordfrankreich und Belgien. In den Ursprüngen kam hier das Volk zusammen, man traf sich zum Bier oder zum Café, plauderte und aß dabei. Das Essen ist häufig deftig, in rustikaler Atmosphäre, mit karierten Tischdecken und allerlei Plunder an den Wänden. Hier geht es vor allem locker, mitunter auch schon mal laut und fröhlich zu. Uns gefiel’s! Wir entschieden uns für das traditionsreiche Au Vieux de la Vieille.
- Au Vieux de la Vieille, 2-4 rue des Vieux Murs, 59000 Lille
- Täglich 12.00 bis 15.00 Uhr und 19.00 bis 0.00 Uhr
- Unbedingt reservieren!
Waffeln in der Pâtisserie Meert naschen
Kein Besuch in Lille ohne eine Waffel von Meert! Die gaufres mit Vanille gefüllt sind so unglaublich lecker. Achtung Suchtgefahr! Der Laden aus dem Jahre 1909 an sich ist schon einen Besuch wert. Nach englischem Vorbild von dem Architekten lillois Louis-Marie Cordonnier errichtet, traf sich hier die Bourgeoisie von Lille. Die Vitrinen und das Ladenfenster katapultieren den Besucher 100 Jahre zurück, ein nostalgisches Caféhaus wie aus einem Film.
Die Köstlichkeiten im Schaufenster lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen. Wenn ihr einen freien Platz im Salon ergattert, allez-y! Meist ist es aber sehr voll und recht hochpreisig. Wir holten uns eine Waffel auf die Hand bzw. in einer edlen Verpackung. Auch als Mitbringsel schön.
- Pâtisserie und Salon Méert, 25-27 Rue Esquermoise, 59000 Lille
- Täglich 10.00 bis 19.30 Uhr, montags 14.00 bis 19.00 Uhr, sonntags 9.00 bis 19.00 Uhr.
Die Reliefpläne von Vauban im Palais des Beaux Arts bewundern
Wusstet ihr, dass der Palais des Beaux-Arts de Lille das zweitgrößte Kunstmuseum Frankreichs ist? Mais oui. Und nicht nur das. Hier liegen Kunstschätze von Picasso, Rubens oder Rodin, bedeutende Bildhauerwerke aus dem 19. Jahrhundert und vor allem die Plan-reliefs von Vauban.
Ich hatte zuvor von den Reliefs in meinem abonnierten Magazin ‚Frankreich erleben‘ gelesen und wollte sie unbedingt einmal anschauen. Vauban, der Festungsbauer Ludwig des XIV., hatte zu militärischen Zwecken einige Städte Nordeuropas als Reliefs anfertigen lassen. Google Earth im 18. Jahrhundert! Jedes kleinste Bäumchen, jede Kuh, jeder Stein wurden im 3D-Stil exakt aufgeklebt, so wie sich die Städte den Menschen damals darstellten. Lange Zeit wurden die Plan-reliefs, um nicht in die Hände der Feinde zu geraten, im Louvre unter Verschluss aufbewahrt. Nach 1870 waren die Pläne nicht mehr von Nutzen. Die 15 Reliefs sind im Keller des Museums auf großen Tischen ausgestellt. Unbedingt anschauen!
Ein Konzert im Zénith besuchen
Bei so manchen Beiträgen werdet ihr immer wieder auf unseren hoch verehrten Francis Cabrel stoßen, diesen großartigen, in Deutschland eher unbekannten Chansonnier. In Frankreich hat er bereits seit den 1970ern Jahren einen festen Platz in der Musikwelt. Ich habe Cabrel während meines Studiums in Paris kennengelernt. Mein Einstieg war damals das grandiose Album Samedi Soir sur la Terre. Als ich Mr. Swan kennenlernte, war er sofort genauso Feuer und Flamme. Ich weiß nicht bei wie vielen Frankreichtouren uns Monsieur Cabrel schon begleitet hat. Und immer wieder sind wir einfach nur begeistert.
Cabrel macht französische Rotweinmusik in Vollendung. Mr. Swan meinte einmal, er sei für ihn wie ein französischer Sting, auch wenn er die französischen Texte nicht versteht. Alle vier Jahre veröffentlicht Cabrel ein neues Album und geht dann auf Tournee. Wir konnten also bei Erscheinen seines Albums Des Roses et des Orties bald mit den Konzertterminen rechnen. Da Cabrel in Deutschland keine Konzerte gibt, fuhren wir eben nach Frankreich. Oh ja! An einem Freitag spielte er im Zénith in Lille. Bingo! Drei Stunden Autofahrt von uns entfernt, da mussten wir noch nicht einmal Urlaub nehmen.
Das Konzert im 7.000 Zuschauer fassenden Zénith war ausverkauft, die Halle bis auf den letzten Platz belegt. Cabrel hatte wieder einmal seine exzellenten Musiker um sich geschart. Das ist wirklich beeindruckend, was da für top Leute auf der Bühne stehen. Die Musik ist nicht zum Abrocken, Ausrasten oder Mitgrölen. Vielmehr sind die harmonisch perfekt arrangierten Lieder zum Genießen und für anspruchsvolle Hörer. Wie viele Male haben wir schon seine Alben rauf und runter gehört und diese hervorragende Klangqualiät genossen? Aber Cabrel live zu erleben ist nochmal etwas ganz Besonderes. Pipi in den Augen hatte ich definitiv bei dem Stück Je l’aime à mourir. Nicht nur, dass Cabrel diese Ballade seiner Frau gewidmet hat. Hier im Zénith sangen, eher wisperten Tausende von Franzosen das Lied mit!!! Das war unglaublich. « J’ai eu des frissons! ». Merci Monsieur Cabrel für diesen unvergesslichen Abend!
Glücklich nach diesem unvergleichlichen Konzert schlenderten wir durch das abendlich beleuchtete Lille.
Im Le Pain Quotidien frühstücken
Lecker und authentisch ist ein Frühstück im Le Pain Quotidien, mitten in der Altstadt von Lille. Diese Mischung aus Boulangerie und Bistro, gegründet von dem Belgier Alain Coumont, ist immer wieder auf unseren Belgien- und Nordfrankreich-Touren ein kalorienreiches i-Tüpfelchen.
Hier geht es eher locker und lebhaft zu. In jeder Filiale steht mitten im Raum ein großer Gemeinschaftstisch, an dem man mit vielen anderen Gästen gemeinsam frühstücken kann. Ich bin ja echt kein Nutella-Fan (geoutet!), aber galaktisch gut finde ich diese belgischen Schoko-Brotaufstriche. Mann, sind die lecker! Danach braucht ihr für den Tag aber auch sonst keine Kalorien mehr.
- Le Pain Quotidien de Vieux-Lille, 22 bis Rue Basse Lille , 59000 Lille
- Täglich geöffnet 8.30 bis 18.00 Uhr, samstags und sonntags bis 19.00 Uhr.
Bonne lecture – mein Lesetipp
Zur Picardie und zu Nordfrankreich ist ganz aktuell (Januar 2024) ein sehr umfangreicher Reiseführer aus der Reihe Reise KnowHow erschienen: mit vielen detaillierten Informationen.
Reise Know-How Reiseführer Nordfrankreich - Picardie, Côte d'Opale, Calais (Taschenbuch)
von Mörsdorf, Markus (Autor)
Preis: 22,90 €
33 gebraucht & neu ab 14,99 €
À écouter – meine Musikempfehlung
Évidemment gibt es wegen unseres genialen Konzerts von Cabrel zu diesem Beitrag die CD, mit der er in dem Jahr auf Tournee ging: Des Roses et des Orties*. Hier wieder einmal in einem hochwertigen Booklet in Buchform und einer großartigen Soundqualität präsentiert. Eine Platte, die man auflegt und mit Genuss durchhört. Wer französische Chansons mag sowie Wert auf ein außergewöhnliches und anspruchsvolles Hörvergnügen legt – écoutez!
Dazu gibt es die DVD zur Tournee*. Wobei dieser Live-Mitschnitt tatsächlich nicht zu den besten zählt.
*Dieser Beitrag enthält Werbelinks, sogenannte „Affiliate Partnerlinks“. Über diese könnt ihr all unsere schönen Empfehlungen, die uns bei den Reisen begleitet oder die wir für euch entdeckt haben, erwerben. Ich erhalte damit – ohne Mehrkosten für euch – eine kleine Provision, mit der ihr meine Arbeit und diesen Blog wertschätzt. Merci beaucoup!