„Das Ahrtal – Wandern, Wein und Wohlfühlen”, heißt es auf der Seite des Ahrtal-Tourismus. Seit der verheerenden Flut im Juli 2021 sind die Orte in großen Teilen zerstört. Aber viele Menschen bauen wieder auf und machen weiter. Es geht voran, wenn auch langsam.
Eigentlich sollten an dieser Stelle Beiträge über unsere ganzen Touren ins Ahrtal entstehen. Über das Ahrtal vor der Flut. Unzählige Male waren wir dort, sind wandern, essen gegangen und haben Wein gekauft. Als Bonner sind wir ja auch besonders stolz, so eine historische Weinregion vor der Tür zu haben. Manchmal starteten wir sogar unsere Frankreich-Touren mit einem Umweg durchs Ahrtal. Zusammen mit den ganzen Bikern, die bei den ersten Sonnenstrahlen das Tal mit ihren röhrenden Maschinen zum Leben erweckten. Einfach, weil diese kurvenreiche Strecke so besonders schön … war.
Die Flut vom 14. auf den 15. Juli 2021 hat die pittoresken Winzerorte an der Ahr in einer unvorstellbaren Dimension zerstört und so viele Menschenleben sinnlos gekostet. Bis heute hat dieses Ereignis bei mir so tiefe Kerben hinterlassen wie kaum eine Katastrophe zuvor. Vielleicht weil so vieles während und nach der Flut schief gelaufen ist. Vielleicht weil ich das Ahrtal und die Menschen mit ihrer rheinischen Lebensart so besonders mag. Und vielleicht weil es nicht weit von uns passiert ist. Das berührt einen dann umso mehr.
Helfen und Neuanfang
Ja, auch wir haben gespendet, Flutweine bei unseren bekannten Winzern bestellt, ich habe vor Ort geholfen. Erst in Mayschoss bei der Weinlese, dann vereinzelt in Ahrweiler und zuletzt als kleiner regelmäßiger Helfer-Job im Tante-Emma-Laden in Dernau. Diese Hilfseinsätze waren oft mit vielen Tränen verbunden. Beim ersten Anblick und auch nach den Gesprächen mit den Betroffenen über die Flutnacht. Auf der Rückfahrt nach Bonn saß ich so manches Mal heulend im Auto. Dass ich geholfen habe, vielleicht helfen musste, möchte ich hier gar nicht groß zum Thema machen. Aber durch diese vielen helfenden Momente ist mir das Tal noch mehr ans Herz gewachsen und ich habe so viele tolle Menschen kennengelernt.
Bei der Weinlese sind wir Helfer einmal von einer Winzerin gefragt worden, warum wir kommen und ihnen helfen. Einige haben geantwortet, weil sie im Ahrtal so viele schöne Momente verlebt haben und das zurückgeben möchten. Andere wiederum kannten das Ahrtal gar nicht und kamen von weit her. Ich denke, uns allen ging es um eins: Man wollte mit anpacken, vor Ort sein und den Menschen beistehen. Egal wie. Seitdem fahre ich regelmäßig ins Ahrtal. Auch um weiterhin zu helfen, aber mittlerweile auch für Ausflüge mit unseren Jungs.
Ich möchte hier keine Posts über unsere früheren Touren veröffentlichen und mit Bildern den Vorher-Nachher-Effekt schmerzlich aufzeigen. Das Ahrtal wird anders werden, aber sicherlich auch wieder einzigartig schön. Deshalb schreibe ich auf diesem Blog über das jetzige Ahrtal. Über das Ahrtal nach der Flut. Und ich möchte euch motivieren, dort hinzufahren. Denn immer wieder erlebe ich Familien, die Ausflügen ins Ahrtal skeptisch gegenüber stehen: „Mit Kindern ins Ahrtal? Da ist doch noch so vieles kaputt”. Leute, das Ahrtal ist so schön! Immer noch. Wieder. Es wird.
Wandern für den Wiederaufbau
Ich hatte tatsächlich im Sommer 2021 vor, endlich einmal unseren Jungs das schöne Ahrtal zu zeigen. Mit dem Zug dorthin fahren, ein wenig wandern, ein Picknick in den Weinbergen. Noch im Juni unterhielt ich mich mit einer Mami auf dem Spielplatz, dass es ja in den Weinbergen nun Weinautomaten von den Winzern gäbe und dass wir das für eine Wanderung ganz cool fanden. Nach der Flut rückte die Idee von einem Familienausflug erst einmal in weite Ferne.
Doch dann riefen im Oktober, also drei Monate nach der Flut, die Winzer auf zu kommen. „Unser Tal ist zwar zerstört, aber unser Rotweinwanderweg ist noch intakt“. Freunde wollten nach Ahrweiler und fragten uns, ob wir mitkommen. Wir haben nicht lange gezögert. Zwar klappte das mit dem Zugfahren nicht mehr, aber mittlerweile in Teilen wieder mit dem Auto und einem eigens für die Touristen eingesetzten Bus-Shuttle.
Unsere Jungs waren total begeistert! Hatten Spaß am Wandern, an den ganzen leckeren Häppchen und dem Traubensaft und wollten bald wieder dorthin. Das zerstörte Tal haben die beiden oben von den Weinbergen aus kaum wahrgenommen. „Mama, wo ist denn jetzt die Flutkatastrophe?“. Sie verstanden das gar nicht. Vielleicht war es besser so. Es war so ein wunderschöner Spätsommertag. Und der Blick vom Winzerstand Kriechel hinunter ins Tal – traumhaft! Als wäre nie etwas gewesen. Nur wenn man genauer zur Ahr hinunter blickte, zu diesem kleinen dahin plätschernden Flüsschen, konnte man die offenen Wunden sehen, die noch so viele Jahre brauchen um wieder zu verheilen.
Wir werden weiterhin kommen und der Ahr die Treue halten. All die nächsten Jahre. Zum Helfen, zum Wandern, zum Wein trinken. Also Leute, fahrt ins Ahrtal, auch mit euren Kindern. Die Menschen brauchen euch und es ist immer noch so herrlich dort. We AHR family!
Was unternehmen im Ahrtal?
Besichtigen könnt ihr beispielsweise den Regierungsbunker in Ahrweiler oder die Römervilla am Ahrweiler Silberberg. Für einen Ausflug mit Kindern empfehle ich die Sommerrodelbahn in Altenahr (hier findet ihr einen ausführlichen Bericht über unseren Tagesausflug) und den Waldkletterpark in Bad Neuenahr-Ahrweiler (ein Beitrag folgt in Kürze). All diese Orte sind von der Flut nicht betroffen. Ihr könnt eure Unternehmungen ganz wunderbar mit einem Besuch in den Winzerorten verbinden, in den wieder eröffneten Restaurants essen gehen, Wein trinken und kaufen. Schaut doch mal hier, was mittlerweile wieder alles geöffnet hat.
Und natürlich könnt ihr mit euren Kindern wandern. Der Ahrtal-Tourismus hat ein paar schöne Touren-Vorschläge in unterschiedlicher Länge auf seiner Seite aufgeführt. Gute Startpunkte für eure Wander- und Weintouren sind Dernau, Mayschoss oder Ahrweiler.
Wie komme ich ins Ahrtal?
Die Infrastruktur ist nach wie vor eingeschränkt. Wenn irgendwie möglich solltet ihr daher den Shuttle-Service nehmen. Wenn ihr mit dem Auto kommt, schaut ob ihr beim Regierungsbunker oder auf den ausgeschriebenen Parkplätzen rund um Ahrweiler parkt. Der Ahr-Radweg wurde von der Flut fast komplett zerstört. Touren sind jedoch mittlerweile in Teilen wieder möglich.
Die Züge fahren zwar wieder, allerdings nicht auf der gesamten Strecke, denn auch große Teile der Schienen wurden von der Flut zerstört. Seit November 2021 fährt die Ahrtalbahn wieder eingleisig von Remagen nach Ahrweiler, seit Dezember bis Walporzheim. Hier müsst ihr dann mit einem Bus in die entsprechenden Orte weiterfahren. Der restliche Bahnabschnitt bis Ahrbrück wird nach derzeitigen Informationen der Bahn erst wieder 2025 befahrbar sein. Auf der folgenden Seite könnt ihr euch über die aktuellen Entwicklungen der Ahrtalstrecke erkundigen.
Winzer an der Ahr
Folgende Winzer möchte ich euch empfehlen, bei denen ihr jederzeit auch online bestellen könnt. Dabei erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Auszeichnung der Weine oder Winzer. Dies ist eine rein persönliche Liste von Weingütern, die mir einfach ans Herz gewachsen sind und deren Weine ich liebe:
Weingut Klosterhof Gilles, Dernau-Marienthal klosterhof-gilles.de
Weingut Paul Schumacher, Marienthal weingut-ps.de
Weingut Peter Kriechel, Ahrweiler weingut-kriechel.de
Sektwerk Wollersheim sektwerk.com
Winzergenossenschaft Mayschoss www.wg-mayschoss.de
Wenn ihr euch mit der Flut und den Folgen für das Ahrtal beschäftigen möchtet, kann ich das Buch „Es war doch nur Regen!?” von Andy Neumann empfehlen. Sicherlich keine leichte Kost. Aber wenn nicht er wer dann kann als Betroffener so authentisch und schonungslos über diese Katastrophe berichten. Gleichzeitig spendet ihr mit dem Kauf des Buches für die Flutopfer. Ihr könnt es direkt über den Verlag bestellen oder im Buchhandel erwerben.