Zum ersten Mal zu dritt nach Frankreich oder wie wir gelernt haben, dass Urlaub mit Baby so ganz anders ist. Drei Nächte verbrachten wir in dem lebhaften Familienhotel „Les Tourelles” in der Somme-Bucht.
Als unser erster Sohn auf der Welt war, stand für mich als Frankreich-Verehrerin fest: Seine erste Reise MUSS nach Frankreich gehen. Ich dachte immer, das geht gar nicht anders. Er MUSS seine Füßchen das erste Mal außerhalb seines Heimatlandes auf französischen Boden setzen. Alles andere wäre für mich undenkbar gewesen. Und so fuhren wir mit ihm als er gerade mal ein paar Monate alt war in die Picardie.
Die Picardie haben viele bei ihren Frankreichreisen gar nicht auf dem Schirm. Dabei hat die Region an der Nordküste Frankreichs so einiges zu bieten, auch für Kinder.
Bon à savoir – gut zu wissen
Die Picardie liegt im Norden Frankreichs am Ärmelkanal, hat ungefähr 1,9 Millionen Einwohner, die Hauptstadt ist Amiens mit ihrer bedeutenden Kathedrale, die wir uns auf der Rückfahrt angesehen haben. Man trifft hier auf eine vielfältige Region mit historisch bedeutenden Stätten sowie artenreichen Naturschutzgebieten.
2016 wurde die Picardie mit Nord-Pas-de-Calais zur Region Hauts-de-France vereinigt. Besonders schön ist hier die Baie de Somme. Und genau dahin fuhren wir mit unserem Baby. Denn wir wollten nach Frankreich, ans Meer und nicht so weit fahren. Naja, eigentlich liegt die Somme-Bucht nicht am Meer. Sie ist vielmehr eine Flussmündung am Ärmelkanal. Trotzdem hat man hier das Gefühl au bord de la mer zu sein. Und wie!
Comment s’y rendre? – Wie kommt man hin?
Zu erreichen ist die Picardie von NRW aus mit dem Auto in nur vier bis fünf Stunden. Das ist eine Strecke, die man auch mit Baby gut an einem Stück ohne Zwischenübernachtung fahren kann. Kommt ihr aus dem Süden, fahrt ihr durch das Elsass oder Lothringen. Hier könntet ihr den einen oder anderen schönen Zwischenstopp einlegen.
Aber auch die Zugverbindung ist gut machbar. Denn hier führen die Wege einmal nicht nur über Paris, sondern auch beispielsweise über Brüssel: Mit der Deutschen Bahn könnt ihr von Köln nach Brüssel, von dort aus weiter mit dem TGV fahren. Übrigens wird der TGV-Bahnhof Haute-Picardie von den Franzosen «gare des betteraves» genannt, weil er ziemlich in der Pampa inmitten von Zuckerrübenfeldern liegt.
Mit Baby in der Picardie
Ein verlängertes Wochenende mit Baby nach Frankreich – «pas de problème». Die Picardie ist ja nun nicht so weit weg, dachte ich mir. Sie liegt kurz vor der Normandie ein paar Stunden Autofahrt entfernt am Ärmelkanal. Das kann man doch prima über ein verlängertes Wochenende machen. Dachte ich mir. Haben wir ja früher, also bevor wir Eltern wurden, auch immer so gemacht. Donnerstags hin, sonntags zurück. Also buchte ich ein Zimmer für drei Nächte – unser Petit konnte zwischen uns schlafen, was er sowieso zu der Zeit am liebsten tat. Ein Zustellbettchen bekamen wir trotzdem.
Dass unser Kleiner sich während der Fahrt so einschrie, dass wir mehrmals anhalten mussten und so für die Strecke fast sieben (!) statt vier bis fünf Stunden brauchten. Dass das Wetter so extrem stürmisch wurde und wir uns daher kaum mit dem Kleinen raus trauten, weil wir samt Kinderwagen drohten weggeweht zu werden. Und dass unser kleines Hotelzimmer wenig Abwechslung bot, machte den ersten Frankreich-Trip zu dritt, sagen wir mal, ein wenig unentspannt. Aber sicherlich auch unvergesslich. Und er zeigte uns, dass Reisen mit Kindern soooooo anders ist.
« Bienvenue en Baie de Somme »
Am ersten Tag konnten wir noch ein wenig spazieren gehen. Das Hotel liegt traumhaft schön in der Somme-Bucht in Le Crotoy. Der kleine Fischerort mit knapp 2.000 Einwohnern versprüht ein maritimes Flair, es gibt überall Meeresfrüchte zu essen, man lebt nach den Gezeiten. Vielfältige Sport-, Wander- und Spaziermöglichkeiten oder Ausritte zu Pferd laden die Besucher ein, die Bucht zu erkunden. Unser Kleiner genoss sichtlich das maritime Ambiente: Meeresluft, Möwengeschrei und Windgeräusche.
Besonders schön für Kinder: eine Dampflokomotive, le chemin de fer de la Baie de Somme, mit der man auf einer alten Eisenbahnstrecke von 1887 einmal um die Somme-Bucht rattern kann.
In dem 250 Hektar großen Parc du Marquenterre, eines der bekanntesten Vogelschutzgebiete Frankreichs, kann man außerdem unzählige Vogelarten bewundern. Der Park bietet verschiedene Möglichkeiten, die Vögel beispielsweise während einer Führung oder einer Kutschfahrt zu entdecken.
Uns blieben all diese Aktivitäten leider verwehrt, denn schon bald änderte sich das Wetter schlagartig. Es wurde stürmisch und es goss aus Eimern. Anfangs sind wir noch mit dem Regenschutz um den Kinderwagen gespannt raus gegangen. Wir mussten unseren Joolz aber mit aller Kraft festhalten, sonst wäre er uns echt weggeweht. Unser Kleiner war durch den peitschenden, lauten Wind auch gar nicht amusé und schrie aus Leibeskräften. Schell rein ins warme Hotel auf unser Zimmer. Da haben wir unseren Petit dann aufs Bett gelegt, ihn mit Liedern, Rasseln, Quitsche-Büchern und sonst was bei Laune gehalten. Aber so richtig lange macht man das ja auch nicht. Also Baby genommen und durchs Hotel spazieren gegangen. Glück im Unglück, dass wir in Les Tourelles waren.
Das Familienhotel „Les Tourelles“
Irgendwann hatte ich einmal in einem GEO Spezial Heft über Familienhotels geblättert. Da hatten wir noch gar keine Kinder. Aber sofort fiel mir das Hotel Les Tourelles in dem Ort Le Crotoy ins Auge. Und merkte es mir. Was für ein zauberhaftes Hotel mit einem Hauch von Ferienstimmung à Monsieur Hulot! Da will ich hin, wenn wir einmal Kinder haben. Und so sollte es sein.
Wenn ihr eine Tour oder gar einen Roadtrip durch den Norden Frankreichs plant, kann ich dieses Hotel wärmstens empfehlen. Im Schlösschen-Stil liegt es direkt an der Somme. So wirbt Les Tourelles auch auf seiner Website « Les pieds dans l’eau » – die Füße im Wasser. Näher am Meer geht es nicht. Außerdem hat es das europäische Écolabel erhalten und viele Hotelbereiche im Einklang mit der Umwelt angepasst. Das Hotel ist wunderschön im maritimen Stil eingerichtet und erinnert irgendwie an eine Filmkulisse. Das Personal an der Rezeption und im Restaurant ist sehr freundlich und aufmerksam, das Frühstück wird in Buffetform serviert. Und auch an dieser Stelle möchte euch wieder beruhigen: Hier kommt man gut mit Englisch weiter.
Toll fanden wir, dass im Hotel ein Restaurant angeschlossen ist. So konnten wir abends mit unserem Kleinen im Maxi-Cosi einfach runter gehen. Das waren noch Zeiten! Wenn Baby satt war und einschlief, hatten maman et papa im Restaurant mal wieder ein wenig Zweisamkeit. Hach ja. « Le bon vieux temps ». Das Restaurant bietet keine herausragende Küche, aber man findet auf der Karte einige gute Fischgerichte. Alle sind hier sehr kinderfreundlich und so wurden wir auch in dem Restaurant äußerst herzlich mit unserem Baby empfangen.
Zwei Nachmittage verbrachten wir wegen des stürmisch-regnerischen Wetters auch in dem Salon, wo es eine große Teeauswahl und Waffeln gab. Insgesamt geht es sehr lebhaft in Les Tourelles zu, viele Kinder laufen umher, es gibt einen Spielraum und einen Schlafsaal pour les enfants.
Fazit: Wer ein Zimmer mit vue mer haben möchte, muss lange im Voraus buchen. Für einen Familienurlaub oder -aufenthalt ist dieses Hotel absolut zu empfehlen – man fühlt sich hier mit dem Nachwuchs, auch mit Baby, sehr wohl und gut aufgehoben. Und bei schönem Wetter ist die Bucht traumhaft schön für Entdecker-Touren mit euren Kleinen.
Die Kathedrale von Amiens
Amiens in der Region Hauts-de-France haben wir zwei Mal während unserer Touren durch Nordfrankreich besucht. Sie ist die Hauptstadt des Départements Somme und hat derzeit etwa 136.000 Einwohner. Berühmt ist Amiens für seine beeindruckende gotische Kathedrale, welche wir uns bei dieser Tour auf dem Rückweg mit unserem Baby ansahen.
Im Zeitalter der Gotik herrschte in Nordfrankreich ein wahrer ‚Bauboom‘, vor allem in der Picardie. Alle paar Jahre wurde mit dem Bau einer neuen Kathedrale begonnen, die gar nicht groß und prächtig genug sein konnte. Die Kathedrale von Amiens wurde ab 1220 erbaut – der Vorgängerbau fiel einem Brand zum Opfer.
Die Kathedrale von Amiens ist die größte Kirche Frankreichs. Allein der Grundriss des mächtigen Sakralbaus beträgt 8.000 Quadratmeter. 145 Meter ist das Äußere der Kirche lang, 70 Meter misst das Querhaus. Da konnte auch unser Junior in seinem Kinderwagen nur ehrfürchtig staunen.
Das Besondere der Kathedrale Notre-Dame d’Amiens ist die Harmonie und Vollendung der Bauformen. Eine unglaublich reiche Ornamentik (allein das Hauptportal wird von 3.000 Statuen verziert) und eine Holzschnitzkunst (Chorstuhl), welche als Meisterwerk gilt – die Kathedrale ist einfach nur überwältigend. 1981 wurde sie in das UNESCO-Welterbe aufgenommen. Unbedingt ansehen!
Allzu viel Zeit hatten wir dieses Mal nicht mitgebracht. Daher gilt auch hier, wie an so vielen wunderbaren Orten in Frankreich: « Nous reviendrons! ».
Bonne lecture – mein Lesetipp
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